Jule und Wusel spielen verstecken

Die Spitzmaus Wusel und das Nashorn Jule waren schon immer sehr gut befreundet. Woher die beiden das wussten fragt ihr euch? Nun, das Nashorn Jule wusste es vor allem deshalb, weil es sich immer so sehr auf die Pausen zwischen den Schulstunden in der Schule freute, denn in den Pausen machten Jule und Wusel immer zusammen Quatsch. Zwar konnte man mit der Spitzmaus Wusel auch sonst immer sehr gut Quatsch machen, doch in den Pausen war es immer besonders lustig. Bestimmt lag das daran, dass man im Unterricht keinen Quatsch machen durfte, obwohl man da immer die quatschigsten Einfälle hat.

Die Spitzmaus Wusel hatte das Nashorn Jule auch sehr gerne, denn mit Jule konnte man über alles reden. Auch wenn einem mal nicht nach Quatsch zu Mute war, hatte Jule immer ein offenes Ohr. Außerdem mochte Wusel an Jule, dass Jule sehr Aufmerksam war. War es im Sommer ein mal sehr heiß, bot Jule sich als Schattenspender an, denn die Sonne machte Jule nichts aus und Jule machte sehr viel Schatten! Und wenn es regnete, bohrte Jule sofort rechtzeitig mit dem Horn, welches sich auf Jules Nase befand, ein Loch in eine Wand, so dass Wusel schnell hinein schlupfen konnte um nicht nass zu werden. Denn wenn es etwas gab was Wusel gar nicht mochte, dann war das ein nasses Fell.

“Ich mag was spielen” sagte Wusel zu Jule. Für heute war die Schule aus und die beiden gingen, wie beinahe jeden Tag, zusammen von der Schule nach Hause, da sie im gleichen Stadtteil wohnten. “Au ja, was magst du denn spielen?” fragte Jule. “Lass uns doch Verstecken spielen” antwortete Wusel, und wuselte zwischen Jules Beinen im Slalom hin und her, wie es nur eine Spitzmaus vermag im Slalom zu wuseln. Jule blieb plötzlich stehen und grübelte, verstecken spielte Jule nicht so gern, wusste aber auch kein anderes Spiel vorzuschlagen. “Verstecken spielen wir doch immer” murmelte Jule und runzelte dabei die Stirn, wie es sie nur ein Nashorn runzeln kann. “Das stimmt doch gar nicht” zischte Wusel und wuselte auf einen Baumstumpf. “Ich würde gerne viel öfter Verstecken spielen, aber du findest Verstecken immer doof!”.

“Wenn ich du wäre, wäre ich sehr froh eine Spitzmaus zu haben, die immer Verstecken mit mir spielen will” sagte Wusel, verschränkte die Arme und hob das spitze Näschen so hoch in die Luft wie es nur eine Spitzmaus hoch halten kann.

“Huuu huuu, das ist nicht ganz richtig, da stimm ich nicht zuuuu” schallte es von einer großen Tanne herunter. Jule und Wusel erschraken, denn sie wussten, dass es nur ein Tier im Wald gab, welches seine Sätze mit “Huuu huu” begann. Es war die magische Eule. Lautlos segelte sie aus der dunklen Tanne herunter zu Jule und Wusel, wie nur eine Eule lautlos segeln konnte und setzte sich auf den Baumstumpf neben Wusel.

Jule und Wusel schauten die Eule an. Die Eule schaute mit großen Augen zurück, so dass man gar nicht sagen konnte, ob diese riesigen Augen nun Jule oder Wusel anstarten. Doch dann drehte die Eule ihren Kopf zu Wusel, wie nur eine Eule ihren Kopf zu drehen in der Lage ist, so dass unmissverständlich klar wurde, dass sich die nächsten Worte an Wusel richten und sagte: “Huu huu, wenn du das Nashorn Jule wärst, dann wärst du nicht du”.

Ohne weitere Worte flatterte die Eule so lautlos zurück in den Baum, wie sie zuvor runter gesegelt war und Wusel und Jule betrachteten den eleganten Flug der Eule gebannt, bis sie im Dunkel der Tanne verschwand.

Als sich ihre Blicke wieder trafen, erschraken sie erneut! Wusel war plötzlich so groß wie ein Nashorn und Jule so klein wie eine Spitzmaus!

“Oh nein, was hat uns die magische Eule nur angetan” piepste Wusel entsetzt mit ungewohnt tiefer Stimme, “Was sollen wir denn jetzt nur tun?”. Jule schaute zu Wusel auf, was Jule nun gar nicht gewohnt war und sagte: “Du wolltest doch eben noch Verstecken spielen, lass uns das doch tun!”.

Erfreut darüber, dass Jule das Nashorn nun doch Lust hatte Verstecken zu spielen, vergaß Wusel die Spitzmaus total, welchen merkwürdigen Zauber die magische Eule über die beiden gebracht hatte und sagte “Au ja, aber du musst als erstes suchen, so wie wir es immer machen!”, denn Wusel konnte sich wirklich sehr sehr gut verstecken, das wusste Wusel. “Du musst nur bis 20 zählen, dann darfst du suchen” fiepte Wusel und rannte los.

Jule schloss die Augen und zählte laut, während Wusel zielstrebig in Richtung der besten und geheimsten Verstecke verschwand.

Als erstes Kam Wusel zu einem alten Baum, unter dessen Wurzeln schon immer sehr viel Platz zum verstecken war. Doch so sehr Wusel es auch versuchte, es passte nicht einmal Wusels Vorderpfote zur hälfte unter die großen Wurzeln. “Was ist nur mit mir los? Sonst finde ich doch immer sofort ein Versteck”, dachte sich Wusel und runzelte die Stirn, wie eine Spitzmaus die Stirn eigentlich gar nicht zu runzeln vermag.

“Zehn!” hallte es aus Jules Richtung bereits. Wusel wurde leicht nervös.

Als nächstes versuchte Wusel sich unter einem Stein zu verstecken. Normalerweise fand Wusel immer sehr schnell einen Stein, um sich darunter zu wuseln. Doch weit und breit schien kein Stein geeignet. “So ein Mist”, dachte sich Wusel “Wo früher tolle Verstecksteine lagen, liegen nun nur noch kleine Kiesel, wie soll man denn da vernünftig verstecken spielen?” fragte sich Wusel.

Zuletzt kam kam Wusel zu einem Loch, welches Jule einmal, als es sehr stark zu regnen begann, für Wusel in die Wand gebohrt hatte. Aber so sehr Wusel es auch versuchte, mehr als die vorderste Spitze der wirklich sehr spitzen Nase, passte nicht in das Loch.

“Neunzehn!” hallte es aus Jules Richtung. Wusel schaute sich hektisch um. Ein sehr großer Himbeerstrauch tauchte vor Wusels Augen auf, und Wusel sprang so schnell es möglich war, hinter den Himbeerstrauch.

“Zwanzig, ich komme” sagte Jule, öffnete die Augen und musste sofort laut lachen. Wusel stand hinter dem Himbeerstrauch, doch dieser verdeckte gerade mal Wusels linkes Hinterbein.

“Du bist hinter dem Himbeerstrauch” rief Jule und kugelte sich auf dem Boden vor Lachen, wie es nur ein Nashorn tun kann, welches vor kurzem auf die Größe einer Spitzmaus geschrumpft worden war.

“So macht das doch echt keinen Spaß” rief Wusel, und trampelte den Himbeerstrauch platt. “Wenn man so groß ist wie ein Nashorn, kann man sich ja nirgends verstecken”.

Jule nickte stumm und lächelte Wusel so an, dass auch Wusel beinahe lächeln musste.

Plötzlich tat es einen unfassbar lauten Knall. So laut, dass es in den Ohren weh tat, ganz egal wie groß oder klein man war. Jule war plötzlich wieder so groß wie ein Nashorn und Wusel war wieder so klein wie eine Spitzmaus.

“Wenn ich du wäre” stotterte Wusel und schaute dabei zu Boden. “Wenn ich du wäre Jule, dann wäre ich sehr froh, mit einer Spitzmaus befreundet zu sein, die sich wirklich fragt was es bedeutet Jule das Nashorn zu sein.”

“Mach dir nichts daraus” Sagte Jule und überlegte, wie man Wusel aufheitern konnte.

“Sag mal Wusel, magst du Verstecken spielen? fragte Jule”. “Ja gut, aber du versteckst dich zu erst, sagte Wusel”. Und die beiden spielten noch den restlichen Abend zusammen, wie nur ein Nashorn und eine Spitzmaus in der Lage sind miteinander Verstecken zu spielen.